Colectivos in Venezuela

Illegale regierungsnahe Colectivos im Stadtbild von Caracas am 19. April 2017 bei der von Oppositionsführer Henrique Capriles organisierten Anti-Maduro-Demonstration La madre de todas las marchas (dt. „Die Mutter aller Märsche“).[1][2]

Colectivos nannte man in Venezuela ursprünglich zivilgesellschaftliche Kollektive, deren Ziele kulturelle und politische Aktivitäten waren. Die Wurzeln dieser Gemeinschaften gehen zurück in die 1960er-Jahre der Geschichte Venezuelas.[3] Später bezeichnete Hugo Chávez die Colectivos als „den bewaffneten Arm der Bolivarischen Revolution“.[4]

Entwicklung

Die Colectivos entstanden aus der Stadtguerilla Tupamaros, welche zum Militärputsch 1992 aktiv waren.[5] Laut Neue Zürcher Zeitung sollen 1999 die Colectivos maßgeblich am Wahlsieg von Hugo Chávez beteiligt gewesen sein, da sie die Bewohner in den Armenvierteln für ihn mobilisiert hatten. Nach der Wahl des vormaligen Putschisten Hugo Chávez wurde die Hälfte der Colectivos als ihm loyale paramilitärischen Einheiten neben Militär und Polizei schwer bewaffnet, mit motorisierten Zweirädern und Funkgeräten ausgestattet, um die von der Polizei in Caracas nicht kontrollierbaren Viertel in den Griff zu bekommen. Diese gefürchteten, zivilen Banden – im Auftrag der Regierung handelnd – wurden als Colectivos chavistas bekannt. Später wurden diese Colectivos dann als „regierungsnahe Schlägertrupps“ eingesetzt, um gegen politisch anders Denkende vorzugehen und die Bolivarische Revolution zu verteidigen.[6]

Viele Colectivos agierten wie Banden und erhoben Schutzgelder[5] und blieben bei Straftaten straffrei[7] In den Colectivos befänden sich beschämenderweise für die Bolivarische Revolution unzählige Verbrecher und Schläger, welche ihre kriminellen Aktivitäten straffrei fortsetzten – andere Sicherheitskräfte sollen übergeordnete Befehle erhalten, die Gruppen nicht zu konfrontieren. Ob die Colectivos noch kontrolliert werden oder eigenständig handeln, war umstritten.[8]

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Mitte März 2019 wurde eine neue Welle der Unterdrückung befürchtet, als Maduro die Colectivos zum „aktiven Kampf gegen Guaidó“ aufrief.[9]

Bewertung

Nach einem Welt-Bericht werden die gewalttätigen Milizen von „höchster Ebene gesteuert“. Diosdado Cabello, „die Nummer zwei der Sozialisten hinter Maduro“, gilt „als der starke Mann hinter den Colectivos“.[10] Ein Koordinator der „Bolivarianischen Front für sozialistische Verteidigung“ bestritt noch im März 2019, dass die Colectivos von der Regierung bezahlt und bewaffnet würden,[11] was die Frage der hierarchischen Einordnung komplizierte:[12] Die Gruppierung gilt auch nach Ansicht des venezolanischen Völkerrechtsprofessors Pedro Afonso del Pino als „eine der Herausforderungen“ im Falle eines Regierungswechsels.[11]

Die Menschenrechtskommissarin der Vereinten Nationen, Michelle Bachelet, warnte: „Der Einsatz paramilitärischer Streitkräfte und paralleler Polizei hat in der Region eine lange Geschichte. Es ist sehr besorgniserregend, dass sie in Venezuela so offen agieren. Die Regierung kann und muss sie aufhalten, weil diese Gruppen eine bereits explosive Situation verschärfen.“[11]

Die Bischöfe schrieben 2020, die Guerillas verbreiteten „Schrecken im Volk, geduldet und gefördert vom Militär und den Behörden“.[13]

Weblinks

  • Venezuelas gefürchtete Colectivos Neue Zürcher Zeitung vom 15. Juli 2017
  • Venezuela crisis: The 'colectivo' groups supporting Maduro BBC vom 6. Februar 2019 (englisch)
  • Armed Groups Spread Crime and Chaos in Venezuela Mining Region insightcrime.org vom 20. November 2018 (englisch)
  • Armed Civilian Bands in Venezuela Prop Up Unpopular President The New York Times vom 22. April 2017 (englisch)
  • Venezuela's Tupamaros on the side of the law San Francisco Chronicle vom 16. November 2008 (englisch)
  • Insight: Chavista militants may be wild card after Venezuela vote Reuters World News vom 15. August 2012 (englisch)

Einzelnachweise

  1. Diosdado Cabello: La oposición no va a entrar a Caracas este #19Abr, lapatilla.com vom 17. April 2017, abgerufen am 14. März 2019
  2. Drei Tote bei "Mutter aller Märsche" in Venezuela, diepresse.com vom 20. April 2017, abgerufen am 14. März 2019
  3. Der Terror der «Colectivos» – so machen Maduros Motorradgangs Jagd auf Regimegegner, watson.ch vom 31. Januar 2019, abgerufen am 15. März 2019
  4. Colectivos chavistas, la siniestra defensa final del régimen de Maduro, El Comercio, 25. Februar 2019
  5. a b Venezuelas Hauptstadt Caracas Die gefährlichste Stadt der Welt, Deutschlandfunk, 15. Februar 2016
  6. Daniel Huber: Venezuelas gefürchtete Colectivos, nzz.ch vom 15. Juli 2017, abgerufen am 14. März 2019
  7. Im Reich der Colectivos, El Nacional, 21. Juli 2013; "Zumindest seit einem Jahrzehnt wissen die Bewohner ..., dass ihr Alltag von den Launen paramilitärischer Gruppen abhängt, die mit Zustimmung des Regimes agieren oder sogar mit seiner offensichtlichen Unterstützung."
  8. Das Konkubinat der Colectivos mit der Armee, El Nacional, 28. März 2017
  9. Maduro fordert paramilitärische "Kollektive" zum "aktiven Widerstand" gegen Guaidó auf, abc.es, 13. März 2019
  10. Tobias Käufer: Maduros Schlägertrupps. Warum Protest in Venezuela eine lebensgefährliche Mutprobe ist, welt.de vom 29. Januar 2019, abgerufen am 15. März 2019
  11. a b c Venezuela: Anges ou démons, les "colectivos" défendront Maduro "coûte que coûte", Le Nouvel Observateur, 14. März 2019 (französisch)
  12. Der letzte Schritt zur Diktatur, nzz.ch vom 31. März 2017
  13. Venezuela: Bischöfe fordern Abdankung Maduros, Vatikannews.va, 11. Januar 2020